Unternehmen dürfen Zwangsurlaub anordnen, wenn dringende betriebliche Gründe diese Maßnahme notwendig machen. Zwangsurlaub ist bei Arbeitnehmern aus nachvollziehbaren Gründen nicht beliebt und kann demotivierend wirken. Während Arbeitgeber einen Betriebs- oder Zwangsurlaub als notwendiges Mittel zur Kostensenkung und Stabilisierung des Betriebs sehen, empfinden Beschäftigte Zwangsurlaub häufig als Einschränkung ihrer Freiheit, über den eigenen Urlaub zu bestimmen.
Zwangsurlaub in Unternehmen ist ein häufig kontrovers diskutiertes Thema in Unternehmen. In Bezug auf das Arbeitsrecht ist es durch Gesetze und wegweisende Gerichtsurteile deutscher Arbeitsgerichte klar geregelt.
Als Zwangsurlaub oder Betriebsurlaub definiert man einen vom Arbeitgeber als verpflichtend vorgeschriebenen Erholungsurlaub. Der Betrieb oder einzelne Abteilungen werden in Zeiten des Zwangsurlaubs vollständig geschlossen. Die Urlaubstage des Zwangsurlaubs werden vom Jahresurlaubskonto abgezogen und schmälern den individuellen Anspruch auf Erholungsurlaub des Beschäftigten.
Trotz der unterschiedlichen Sichtweisen auf Betriebs- oder Zwangsurlaub bleibt dieser ein legales Mittel, das Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen nutzen können. Es ist aus diesem Grund essenziell, dass Arbeitgeber die rechtlichen Vorgaben kennen und Zwangsurlaub im Betrieb frühzeitig, transparent und professionell kommuniziert wird.
Das deutsche Arbeitsrecht erlaubt es Arbeitgebern in engen Grenzen, Zwangsurlaub anzuordnen. Maßgebend für Betriebs- oder Zwangsurlaub ist der § 7 des Bundesurlaubsgesetzes (BurlG). Der Gesetzgeber bestimmt:
„Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen.“
Ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 20.06.2002 (11 Sa 378/02) erklärt, wie die Vorgaben des Bundesurlaubsgesetzes interpretiert werden können:
Dringende betriebliche Belange | Praxisbeispiel |
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Saisonbetriebe außerhalb der Saison | Ein Restaurant in einem Ferienort an der Nordsee ordnet jährlich in den letzten zwei Januarwochen Betriebsferien an, da dies die Zeit mit den wenigsten Feriengästen ist. |
Stillstand des Betriebs durch Abwesenheit des Inhabers | Ein Facharzt für Orthopädie schließt seine Praxis für 3 Tage, um an einem internationalen Kongress teilzunehmen. In dieser Zeit finden keine Behandlungen statt. |
Betriebsferien parallel zum Zwangsurlaub anderer Lieferanten | Ein Unternehmen ist auf die regelmäßige Lieferung von Werkstoffen angewiesen. In der ersten Woche im August hat der Hauptlieferant Betriebsferien angeordnet. |
Rückgang der Kundennachfrage während allgemeiner Ferienzeiten | Ein Physiotherapeut ordnet 5 Tage Zwangsurlaub während der Sommerferien an, weil in dieser Zeit die meisten Kunden im Urlaub sind und weniger Behandlungen nachgefragt werden. |
Unerwartete betriebliche Krise | Ein verarbeitendes Unternehmen verhängt einen 2-wöchigen Zwangsurlaub, da der Hauptlieferant im Ausland aufgrund von Sanktionen keine Rohstoffe mehr liefert. Bis ein neuer Lieferant gefunden ist, kann der Betrieb nicht fortgesetzt werden. |
Ein kurzfristiger Auftragsmangel oder temporäre Betriebsablaufstörungen reichen nicht aus, um aus Sicht des Arbeitsrechts einen Zwangsurlaub zu verhängen. In diesem Fall würde das unternehmerische Risiko, dass der Arbeitgeber als Unternehmer trägt, auf die Belegschaft abgewälzt werden. Die Beachtung der folgenden drei Punkte ist für Arbeitgeber essenziell:
Entscheidend ist, dass der Grund für den Zwangsurlaub dringend ist und im Voraus absehbar war. Eine Vorankündigungsfrist von sechs Monaten hat sich in diesem Fall im Arbeitsrecht bewährt. Idealerweise wird der Zwangsurlaub vor Beginn des Kalenderjahres kommuniziert, damit die Mitarbeiter ihn in ihre Urlaubsplanung einbeziehen können. In Ausnahmefällen, wie einer Pandemie oder bei unerwarteten Krisen kann die Ankündigungsfrist kürzer ausfallen.
Darüber hinaus müssen zwei Fünftel des Erholungsurlaubs für jeden Mitarbeiter frei planbar sein. Das Bundesarbeitsgericht hat schon 1981 entschieden, dass höchstens drei Fünftel des jährlichen Urlaubs als Betriebsurlaub vorgeschrieben werden dürfen (Beschluss vom 28.07.1981, 1 ABR 79/79). Bei 30 Urlaubstagen bedeutet dies, dass maximal 18 Tage als Zwangsurlaub festgelegt werden können. Mindestens 12 Tage stehen den Mitarbeitern zur freien Verfügung. Dies entspricht auch den Vorgaben aus § 7 des Bundesurlaubsgesetzes, wonach jeder Arbeitnehmer das Recht hat, mindestens 12 aufeinanderfolgende Werktage Erholungsurlaub zu nehmen.
Urlaub, der vor der Bekanntgabe des Zwangsurlaubs vom Arbeitgeber genehmigt wurde, darf nicht widerrufen werden. Dies könnte im Einzelfall bedeuten, dass ein Arbeitnehmer neben dem Zwangsurlaub auch seinen kompletten regulären Erholungsurlaub nutzen kann, wenn dieser vor der Bekanntgabe des Zwangsurlaubs genehmigt wurde. Übersteigen die Tage des Zwangsurlaubs und der genutzte Jahresurlaub den Gesamt-Urlaubsanspruch des Mitarbeiters, muss der Arbeitgeber diese überschüssigen Tage trotzdem als bezahlten Urlaub werten. Er kann sie nicht mit dem Urlaubsanspruch des Folgejahres verrechnen.
Bevor ein Zwangsurlaub festgelegt und im Betrieb kommuniziert wird, muss der Betriebsrat im Unternehmen angehört werden. Dies ergibt sich aus seinem Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 5 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG):
Nach Konsultation und Übereinkunft mit dem Betriebsrat kann der Zwangsurlaub durch eine Betriebsvereinbarung rechtskonform verabschiedet werden. Ohne diese Vereinbarung müsste der Arbeitgeber gemäß § 7 Bundesurlaubsgesetz dringende betriebliche Gründe für die Anordnung von Betriebsferien nachweisen. In diesem Fall könnte der Betriebsrat gerichtlich gegen den Zwangsurlaub vorgehen. Kommt keine Einigung über den Betriebsurlaub zustande, entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
Ist es in einem Unternehmen üblich, zu festgelegten Zeiten im Kalenderjahr Betriebsurlaub anzuordnen, können diese Zeiten im Arbeitsvertrag festgelegt werden. Eine entsprechende Klausel ermöglicht es dem Arbeitgeber, den Betriebsurlaub einseitig anzuordnen, ohne dringende betriebliche Gründe nachweisen zu müssen. Dies hat den Vorteil, dass keine individuelle Begründung gegenüber jedem einzelnen Arbeitnehmer erforderlich ist.
„Der Arbeitgeber ist berechtigt, Betriebsurlaub anzuordnen, wenn dringende betriebliche Gründe vorliegen. Der Betriebsurlaub darf maximal 60 % des jährlichen Erholungsurlaubs des Arbeitnehmers umfassen. Der Arbeitgeber wird den Betriebsurlaub spätestens 6 Monate im Voraus ankündigen.“
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten kann es vorkommen, dass die Auftragslage so angespannt ist, dass der allgemeine Betriebsablauf nicht aufrechterhalten werden kann. In solchen Fällen kann der Arbeitgeber in engen Grenzen Zwangsurlaub anordnen.
Essenziell ist in einer solchen Notlage, dass die wirtschaftliche Lage des Unternehmens und die Notwendigkeit für Zwangsurlaub objektiv nachvollziehbar sowie gut begründet und dokumentiert sind. Arbeitgeber, die einen Zwangsurlaub wegen Arbeitsmangel planen, sollten transparent mit ihren Mitarbeitern und dem Betriebsrat kommunizieren und erklären, wie die Betriebsferien zur Stabilität des Betriebs beitragen werden.
Bei einer negativen Auftragslage ist Zwangsurlaub in der Regel nicht erlaubt. In vielen wegweisenden Gerichtsurteilen wurde entschieden, dass eine vorübergehende schlechte Auftragslage keinen dringenden betrieblichen Belang darstellt, der Zwangsurlaub rechtfertigen würde.
Eine schlechte Auftragslage fällt in das unternehmerische Risiko des Arbeitgebers. Aus diesem Grund muss er in derartigen Fällen abweichende Maßnahmen ergreifen, beispielsweise:
Ausschließlich bei einer länger anhaltenden, existenzbedrohenden Krise im Unternehmen, die trotz Ausschöpfung aller anderen Möglichkeiten nicht abgewendet werden kann, könnte Zwangsurlaub im Einzelfall als letztes Mittel gerechtfertigt sein.
Stehen umfangreiche Renovierungsarbeiten im Unternehmen an und muss der Betriebsablauf pausieren, kann dies ein Grund für Zwangsurlaub sein. Entscheidend ist, dass die Maßnahmen rechtzeitig geplant und kommuniziert werden. Auch bei der Renovierung des Betriebs gilt: Der Betriebsrat muss einbezogen werden, bevor Zwangsurlaub angeordnet wird.
Für Auszubildende gelten besondere Vorschriften und Schutzmaßnahmen in Bezug auf Zwangsurlaub. Ein pauschaler Zwangsurlaub ausschließlich für Azubis kann nicht angeordnet werden. Betriebsurlaub kann jedoch, wie bei allen anderen Angestellten im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers geplant werden. Wichtig ist, dass es sich um eine allgemeine Regelung für den gesamten Ausbildungsbetrieb oder klar abgegrenzte Betriebsteile handelt, die von der betrieblichen Sondersituation betroffen sind.
Dringende betriebliche Gründe für die Anordnung von Zwangsurlaub können beispielsweise existenzbedrohende wirtschaftliche Engpässe, notwendige Renovierungsarbeiten im Betrieb oder unerwartete betriebliche oder gesellschaftliche Krisen sein.
Der Arbeitgeber darf Zwangsurlaub anordnen, wenn nach § 7 BurlG dringende betriebliche Gründe vorliegen. In Unternehmen mit einem Betriebsrat muss dieser in die Entscheidung eingebunden werden.
Die Ankündigungsfrist für Zwangsurlaub variiert je nach Betriebsvereinbarung und Tarifvertrag. In der Regel sollte der Urlaub jedoch mindestens 6 Monate im Voraus angekündigt werden, um den Mitarbeitern ausreichend Planungssicherheit zu bieten.
Arbeitgeber können Zwangsurlaub an Brückentagen nur bei dringenden betrieblichen Belangen anordnen. Betriebsferien zu Weihnachten und Ostern oder rund um andere gesetzliche Feiertage müssen mit dem Betriebsrat abgestimmt werden.
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