Wiedereingliederung am Arbeitsplatz: Ein Überblick über BEM und das Hamburger Modell

Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) und das Hamburger Modell fördern in Deutschland die Wiedereingliederung nach Krankheit. Das BEM bietet umfassende und individuelle Lösungen, während das Hamburger Modell auf schrittweise Arbeitszeiterhöhung durch ärztliche Betreuung setzt. Beide Ansätze zielen auf Arbeitsplatzsicherung und Prävention weiterer Arbeitsunfähigkeit ab, unterscheiden sich jedoch in Methodik und medizinischer Beteiligung.

Take-aways zur Wiedereingliederung am Arbeitsplatz

  • Das BEM ermöglicht eine flexible Rückkehr durch individuelle Arbeitsplatzanpassungen.
  • Das Hamburger Modell fördert die schrittweise Wiedereingliederung unter ärztlicher Aufsicht.
  • Beide Modelle zur Wiedereingliederung verhindern zukünftige Arbeitsunfähigkeit durch gezielte Wiedereingliederungsstrategien.

 

Wirtschaftsunternehmen stehen heute vor vielfältigen Herausforderung. Die Digitalisierung und die Globalisierung bieten Chancen und Risiken. Kriege und Krisen sind vor allem für international agierende Unternehmen eine Bedrohung, da internationale Handelsströme volatil sind. Und auch im Bereich der eigenen Belegschaft stehen Betriebe vor enormen Herausforderungen. Vor allem der fortschreitende Fachkräftemangel und langzeiterkrankte Mitarbeiter können Personaler und Führungskräfte herausfordern.

Unternehmen sehen sich vor allem bei einem hohen Krankenstand und vielen Langzeitkranken mit dem Druck konfrontiert, den Arbeitsausfall zu kompensieren. Dies erhöht die Belastung für verbleibende Mitarbeiter und kann zu Produktivitätseinbußen führen.

Die Suche nach qualifizierten Ersatzkräften gestaltet sich zunehmend schwierig, da der Pool an verfügbaren Fachkräften immer kleiner wird. Die emotionale Belastung für betroffene Mitarbeiter ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. Zu einer langfristigen chronischen oder psychischen Erkrankung kommt bei Mitarbeitern die Sorge vor Arbeitsplatzverlust und die Frage nach der eigenen Leistungsfähigkeit.

In einer solchen Situation gewinnen effektive Wiedereingliederungsstrategien wie das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) und das Hamburger Modell an Bedeutung, um den schnellen und nachhaltigen Wiedereinstieg erkrankter Mitarbeiter zu erleichtern. Eine professionelle Wiedereingliederungsstrategie ist entscheidend, um die Gesundheit am Arbeitsplatz zu fördern und die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

Was ist das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM)?

Das betriebliche Eingliederungsmanagement, abgekürzt BEM, ist ein gesetzlich vorgeschriebenes Verfahren, das darauf abzielt, die Rückkehr von Mitarbeitern nach langer Krankheit zu erleichtern. Laut § 167 Abs. 2 SGB IX sind Arbeitgeber verpflichtet, ein BEM anzubieten, wenn ein Mitarbeiter innerhalb eines Jahres mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig war. Ein professionelles BEM Gespräch zielt nicht nur darauf ab, die Ursachen der Arbeitsunfähigkeit des Mitarbeiters zu analysieren, sondern auch präventive Maßnahmen zu planen, um zukünftige Ausfälle zu vermeiden.

Studien zeigen, dass große und mittelständische Unternehmen sich intensiver mit dem BEM auseinandergesetzt haben als kleine Unternehmen. Insgesamt besteht noch erheblicher Optimierungsbedarf bei der Qualität der Durchführung des BEM. Vor allem die Information der Betroffenen und die Transparenz des Verfahrens in Bezug auf den Schutz personenbezogener Daten muss weiter verbessert werden.

Dort wo das BEM erfolgreich implementiert wurde, zeigten sich jedoch positive Effekte, die in der Reduktion von Fehlzeiten und einem leistungsgerechteren Einsatz betroffener Mitarbeiter messbar sind. Dies vermittelt unter anderem ein Forschungsbericht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales aus dem Jahr 2008.

Darüber hinaus stärkt ein an Zielen orientiertes und mitarbeiterzentriertes BEM die Betriebssicherheit und fördert eine positive Unternehmenskultur.

Eine detaillierte Abhandlung über das BEM und wie Arbeitgeber BEM Gespräche vorbereiten, planen und durchführen finden Sie in den timetape-Artikeln:

Das Hamburger Modell: Schrittweise Wiedereingliederung

Das Hamburger Modell bietet eine schrittweise Rückkehr in den Arbeitsalltag und richtet sich speziell an langzeiterkrankte Mitarbeiter. Es basiert auf einem individuell angepassten Stufenplan, der die Arbeitszeit und Aufgabenbereiche progressiv steigert. Während der gesamten Wiedereingliederung erhält der Arbeitnehmer Krankengeld, was ihm eine finanzielle Sicherheit bietet.

Ein wesentlicher Vorteil des Hamburger Modells ist seine Flexibilität. Das Hamburger Modell, das in den 1970er-Jahren von Technologieunternehmen Siemens kreiert wurde, basiert auf einer engen Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmer, Arbeitgeber und behandelndem Arzt. Erklärtes Ziel des Hamburger Modells ist eine schonende Wiedereingliederung, die sich individuell am Behandlungs- und Genesungsfortschritt des erkrankten Mitarbeiters orientiert. Wird das Hamburger Modell wertschätzend und stringent im Unternehmen umgesetzt, stärkt dies nicht nur das Vertrauen innerhalb des Unternehmens, sondern verbessert auch das Employer Branding.

Das Bundesministerium des Innern bestätigt im Rundschreiben „Die stufenweise Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell,“ dass sich das Hamburger Modell in der Praxis auch für Beamtinnen und Beamte bewährt hat. Es hilft, Krankheitszeiten zu verkürzen, Rückfälle zu vermeiden und frühzeitige Versetzungen in den Ruhestand zu reduzieren.

Umfassende und praxisrelevante Informationen zur Implementierung des Hamburger Modells in das eigene Unternehmen finden Sie im timetape-Artikel: Das Hamburger Modell zur Wiedereingliederung nach Krankheit.

Warum Wiedereingliederung wichtig ist

Effektive Wiedereingliederungsstrategien sind sowohl für die Volkswirtschaft, für jedes einzelne Unternehmen und für die betroffenen Mitarbeiter wertvoll.

Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) und das Hamburger Modell tragen nicht nur dazu bei, die Gesundheit der Beschäftigten am Arbeitsplatz zu erhalten, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zu stärken.

Auf volkswirtschaftlicher Ebene mindern sie die Belastung des Gesundheitssystems und steigern die Gesamtproduktivität, was letztlich zu einem stabilen Wirtschaftsgefüge beiträgt. Für Unternehmen bedeutet die gezielte Unterstützung erkrankter Mitarbeiter, dass nicht nur deren Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt wird, sondern auch eine nachhaltige Lösung zur Reduzierung von Fehlzeiten gefunden wird.

Für den Einzelnen kann die Rückkehr in den Arbeitsalltag das Gefühl von Wertschätzung, Sinnhaftigkeit und Zugehörigkeit wiederbeleben. Dies wirkt sich nicht nur positiv auf den einzelnen aus, sondern kann im Betrieb Engagement und eine Kultur des Miteinanders fördern.

Was ist das Ziel einer Wiedereingliederung?

Das Hauptziel einer Wiedereingliederung nach dem BEM oder dem Hamburger Modell besteht darin, Mitarbeitern nach einer langen Krankheitsphase den schrittweisen und nachhaltigen Wiedereinstieg in den Arbeitsalltag zu ermöglichen.

Welche rechtlichen Grundlagen gibt es für das BEM?

Gemäß § 167 Abs. 2 SGB IX sind Arbeitgeber verpflichtet, ein betriebliches Eingliederungsmanagement anzubieten, wenn ein Mitarbeiter mehr als sechs Wochen im Jahr krank ist. Es handelt sich um ein verbindliches Angebot des Unternehmens, das vom Beschäftigten abgelehnt werden kann.

Wie unterscheidet sich das Hamburger Modell vom BEM?

Während das BEM ein allgemeiner Prozess zur Wiedereingliederung ist, konzentriert sich das Hamburger Modell auf eine stufenweise Rückkehr mit einem individuell angepassten Plan.

Wer trägt die Kosten während der Wiedereingliederung?

Eine Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell wird nach einer Langzeiterkrankung vorgenommen. Da der Mitarbeiter aus der Genesungsphase behutsam in den Arbeitsalltag eingeführt wird, ist er weiter arbeitsunfähig. Er erhält in der gesamten Zeit der Wiedereingliederung Krankengeld, was den Arbeitgeber finanziell entlastet. Beim BEM ist ein Mitarbeiter in der Regel arbeitsfähig und erhält sein übliches Gehalt. Das betriebliche Eingliederungsmanagement soll dazu beitragen, eine erneute Krankheitsphase zu verhindern.

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