Jeder Arbeitnehmer in Deutschland hat Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Zusätzlich bietet das deutsche Arbeitsrecht die Möglichkeit, in bestimmten Lebenssituationen Sonderurlaub zu beantragen. Dieser Artikel erklärt, was man unter Sonderurlaub versteht, was Arbeitgeber bei der Gewährung von Sonderurlaub beachten müssen und welche gesetzlichen Vorgaben gelten.
Es gibt Situationen im Leben, in denen die berufliche Tätigkeit für einige Zeit in den Hintergrund rückt. Das gilt zum Beispiel bei einem sehr schönen Ereignis wie der Geburt eines Kindes und ebenfalls, wenn ein geliebter Angehöriger stirbt und für die nahen Angehörigen die Welt für einen Moment stehen bleibt. In all diesen und weiteren Fällen haben Arbeitnehmer das Recht, Sonderurlaub beim Arbeitgeber zu beantragen.
Ein typisches Beispiel für Sonderurlaub könnte einen zielstrebigen Mitarbeiter betreffen, der seit 4 Jahren in einem mittelständischen Betrieb im Außendienst arbeitet. Er und seine Partnerin erwarten ihr erstes Kind. Nach deutschem Arbeitsrecht steht dem Mitarbeiter bei der Geburt eines Kindes Sonderurlaub zu. Der Angestellte informiert sich vor der Geburt in der Personalabteilung nach den internen Rahmenbedingungen für Sonderurlaub. Er erfährt, dass ihm 2 Tage Sonderurlaub zustehen. Nach der Geburt reicht der Mitarbeiter die Geburtsurkunde in der HR-Abteilung ein. Ihm wird für den Tag der Geburt und den folgenden Tag Sonderurlaub gewährt. Der übliche Gehaltsanspruch des Beschäftigten bleibt in dieser Zeit bestehen.
Am Praxisbeispiel ist nachvollziehbar, dass Sonderurlaub in besonderen Lebenssituationen gewährt wird. Dazu gehören:
Die genauen Regelungen für Sonderurlaub werden unternehmensspezifisch festgelegt. Unternehmen können weitere Anlässe für Sonderurlaub bestimmen und die Dauer für Sonderurlaub individuell festlegen. Ein durchschnittlicher Sonderurlaub beträgt wenige Stunden (Beispiel Arztbesuch) und kann bis zu 5 Arbeitstagen dauern. Im Arbeitsvertrag, in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung werden die Rahmenbedingungen für Sonderurlaub festgelegt.
Der § 616 gilt als arbeitsrechtliche Grundlage für Sonderurlaub. Der Gesetzgeber erklärt im Bürgerlichen Gesetzbuch:
„Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer aufgrund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.“
Einfach ausgedrückt besagt der § 616 BGB, dass ein Mitarbeiter seinen Anspruch auf Bezahlung nicht verliert, wenn er aus persönlichen Gründen, die er nicht zu verantworten hat, kurzzeitig nicht arbeiten kann.
Für Arbeitgeber bedeuten die Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuches:
Kann ein Arbeitnehmer aus einem persönlichen, unverschuldeten und nachvollziehbaren Grund kurzfristig nicht bei der Arbeit erscheinen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, ihm in dieser Zeit weiterhin sein vertraglich vereinbartes Gehalt zu bezahlen. Der Arbeitgeber kann nicht verlangen, dass der Mitarbeiter seinen Erholungsurlaub einsetzt, wenn ein Grund für Sonderurlaub gegeben ist. Die Dauer von Sonderurlaub wird durch die Formulierung „eine nicht erhebliche Zeit“ eingegrenzt. Selbst wenn der Gesetzgeber keine genauen Zeitangaben ins Gesetz aufgenommen hat, handelt es sich bei der Gewährung von Sonderurlaub um wenige Tage und nicht um Wochen oder Monate.
Erhält der Beschäftigte für die Zeit seiner Abwesenheit Leistungen aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversicherung, muss dieser Betrag vom Arbeitgeber abgezogen werden. Dies bedeutet für die Praxis, dass der Arbeitnehmer diese Zahlungen nicht zusätzlich zum vollen Gehalt erhält. Sie müssen auf das Gehalt angerechnet werden.
Es ist wichtig, dass Arbeitgeber sich mit den gesetzlichen und arbeitsrechtlichen Vorgaben vertraut machen und ihre internen Richtlinien für Sonderurlaub an das aktuelle Arbeitsrecht anpassen. Firmen sollten im Detail und mit Beispielen definieren, unter welchen Umständen und für wie viele Tage der § 616 BGB in ihrem Unternehmen Anwendung findet. Dies trägt dazu bei, Missverständnisse zu vermeiden und sorgt gleichzeitig für Klarheit bei den Mitarbeitern, was ihre Rechte und Pflichten betrifft.
Für Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte sowie für Richterinnen und Richter des Bundes gilt mit der „Verordnung für Sonderurlaub“ (SurlV) ein besonderes Sonderurlaubsgesetz. Es regelt die Zuständigkeit, die Voraussetzungen und die Dauer von Sonderurlaub für Bundesbeamten und Richter. In ihrem Fall trifft die personalverwaltende Dienstbehörde die Entscheidung über die Gewährung von Sonderurlaub (§ 2 SurlV).
Für Richterinnen und Richter sowie für Bundesbeamtinnen und Beamte gelten die folgenden Gründe als Anlass für die Gewährung von Sonderurlaub:
Unternehmen der freien Wirtschaft können sich an den Anlässen für Sonderurlaub von Beamten und Richtern orientierten. Sie sollten ebenfalls detailorientiert festschreiben, wann Sonderurlaub im Betrieb eingereicht werden kann.
Besondere Bedingungen zum Sonderurlaub gelten ebenfalls für Beamte sowie Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Hier regelt der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und im Besonderen der § 28 des TVöD die Beantragung von Sonderurlaub. Der § 28 TVöD erklärt:
„Beschäftigte können bei Vorliegen eines wichtigen Grundes unter Verzicht auf die Fortzahlung des Entgelts Sonderurlaub erhalten.“
Der Begriff Sonderurlaub wird im TVöD anders definiert als in der freien Wirtschaft!
Sonderurlaub impliziert im öffentlichen Dienst die Gewährung von freien Tagen ohne Entgeltfortzahlung. In der freien Wirtschaft kennt man in Sonderfällen ebenfalls die Möglichkeit, einem Mitarbeiter aus spezifischen und sehr persönlichen Gründen einige Tage oder mehrere Wochen Sonderurlaub zu gewähren, der nicht bezahlt wird. Häufig wird dieser unbezahlte Sonderurlaub umgangssprachlich als „unbezahlter Urlaub“ bezeichnet.
Im TVöD wird der Sonderurlaub, der bei der Geburt eines Kindes, bei einem Todesfall oder bei anderen Anlässen genehmigt wird, mit dem Begriff „Arbeitsbefreiung“ definiert. Beschäftigten im öffentlichen Dienst werden auf Grundlage von § 29 TVöD die folgenden Tage Sonderurlaub (Arbeitsbefreiung) gewährt:
Anlass Arbeitsbefreiung | Anzahl Arbeitstage |
---|---|
Geburt des Kindes | 1 Arbeitstag |
Tod des nächsten Angehörigen | 2 Arbeitstage |
Umzug aus dienstlichem oder betrieblichem Grund (anderer Ort) | 1 Arbeitstag |
25- und 40-jähriges Arbeitsjubiläum | 1 Arbeitstag |
Schwere Erkrankung eines Angehörigen im selben Haushalt | 1 Arbeitstag (Jahr) |
Schwere Erkrankung eines Kindes bis zum 12. Lebensjahr | 4 Arbeitstage (Jahr) |
Ärztliche Behandlung von Beschäftigten, wenn diese während der Arbeitszeit erfolgen muss | Nachweis Abwesenheit inkl. Wegezeiten |
Das Bundesurlaubsgesetz beschäftigt sich primär mit dem Erholungsurlaub, der Beschäftigten pro Kalenderjahr zusteht. Gemäß § 3 BurlG haben Arbeitnehmer einen Anspruch von mindestens 24 Werktagen pro Jahr.
Zum Thema Sonderurlaub oder zu einem Anspruch äußert sich das Bundesurlaubsgesetz nicht. Da im Bundesurlaubsgesetz gleichzeitig der gesetzliche Rahmen für die Gewährung von Urlaub in Unternehmen definiert wird, ist das Bundesurlaubsgesetz ein für Arbeitgeber ebenfalls richtungsweisendes Gesetz. Die expliziten Regelungen des BurlG beziehen sich auf die Pflichten des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers, beispielsweise auf die Antragstellung oder den Zeitpunkt, die Übertragbarkeit und die Abgeltung des Urlaubs.
Im Beispiel beantragt ein Außendienstmitarbeiter in einem pharmazeutischen Unternehmen einen Tag Sonderurlaub für einen beruflich bedingten Umzug. Der Beschäftigte wurde aus seinem Außendienstgebiet in Norddeutschland nach Nordrhein-Westfalen versetzt. Er zieht von Bremen nach Dortmund. Die folgenden Schritte sind für die Beantragung des Sonderurlaubs zielführend:
Halten Arbeitnehmer bei der Beantragung von Sonderurlaub die genannten acht Schritte ein, sorgen sie für Transparenz. Sie können in diesem Fall darauf vertrauen, dass ihr Sonderurlaub genehmigt wird, wenn er berechtigt ist.
Schwerbehinderte Arbeitnehmer haben Anspruch auf zusätzliche bezahlte Urlaubstage. Die Höhe des Zusatzurlaubs hängt vom Grad der Behinderung ab. Ab einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 besteht ein Anspruch auf Zusatzurlaub.
Im § 208 des Neunten Sozialgesetzbuches) (SGB IX) wird ausgeführt:
Wichtig: Der gesetzlich vorgeschriebene Zusatzurlaub muss vom Begriff Sonderurlaub differenziert werden. Während Schwerbehinderte einen gesetzlichen Anspruch auf Zusatzurlaub haben, wird Sonderurlaub grundsätzlich individuell gewährt. Selbstverständlich erhalten auch schwerbehinderte Mitarbeiter Sonderurlaub bei einem Todesfall oder im Rahmen eines beruflich veranlassten Umzugs.
Aus Unternehmenssicht empfiehlt es sich, klare Richtlinien zum Thema Sonderurlaub im Betrieb zu etablieren. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Betriebsverfassungsgesetz ist auch auf Sonderurlaub anzuwenden. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, den Betriebsrat proaktiv in die Konzeption aller Regularien einzubinden.
Eine einheitliche Kommunikation und Anwendung der internen Vorgaben sind ebenfalls wichtig. In diesem Falle fördert eine transparente und gleichberechtigte Handhabung das Vertrauen und die Zufriedenheit der Mitarbeiter.
Außerdem empfiehlt es sich eine Personalsoftware zur Verwaltung von digitalen Urlaubsanträgen im Unternehmen einzusetzen. Mit unserer Software können Sie selbstverständlich auch Anträge auf Sonderurlaub verwalten.
Eine Erkrankung während des Sonderurlaubs führt zu einer Unterbrechung des Sonderurlaubs. Während der Krankheitsphase hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Der Sonderurlaub selbst verfällt, wenn das zugrunde liegende Ereignis vorüber ist.
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