In vielen Unternehmen bleibt am Jahresende ein beträchtlicher Teil der Urlaubstage ungenutzt, da der hektische Arbeitsalltag Beschäftigten selten Raum für Erholung lässt. Wie sollten Unternehmen und HR-Profis mit Resturlaub umgehen? Welche gesetzlichen Regelungen gibt es, und welche Rechte haben Arbeitnehmer? In diesem Blogbeitrag beleuchten wir das Thema Resturlaub aus rechtlicher Sicht und geben praktische Tipps für den Umgang mit Resturlaub.
Laut § 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Dieser beträgt auf Grundlage von § 3 BurlG mindestens 24 Werktage bei einer 6-Tage-Woche oder 20 Werktage bei einer 5-Tage-Woche. Der Jahresurlaub muss grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr genommen werden. Andernfalls verfällt er.
Im § 7 BurlG wird klargestellt, dass eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr möglich ist, „wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen.“ Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden.
Als Resturlaub können somit alle Urlaubstage bezeichnet werden, die in einem Kalenderjahr nicht genommen wurden.
Auch wenn das Bundesurlaubsgesetz vorgibt, dass Resturlaub in den ersten drei Monaten eines Jahres genommen werden muss, verfällt dieser nicht automatisch zum 31. März des Folgejahres. In diesem Zusammenhang sind für Arbeitgeber insbesondere zwei Urteile des Europäischen Gerichtshofs (Aktenzeichen C-619/16 und C-684/16) von Interesse.
Die Richter am Europäischen Gerichtshof (EuGH) haben entschieden, dass Resturlaub aus dem Vorjahr nicht automatisch verfallen darf. Nach EU-Recht liegt die Verantwortung eindeutig beim Arbeitgeber. Er ist verpflichtet den Mitarbeitenden Erholungsurlaub zu gewähren und sie über das persönliche Urlaubskonto aufklären. Konkret muss der Arbeitgeber nachweisen, dass er die Beschäftigten rechtzeitig und klar über den drohenden Verfall des Urlaubs informiert und ihnen die Möglichkeit gegeben hat, diesen zu nehmen. Nur wenn diese Bedingungen erfüllt sind, kann ungenutzter Urlaub am Jahresende verfallen. Die Beweislast liegt beim Arbeitgeber.
Erfüllt der Arbeitgeber seine Hinweis- und Aufforderungspflichten nicht, verfällt der Resturlaub nicht automatisch. In diesem Fall können Urlaubsansprüche sogar über Jahre hinweg bestehen bleiben.
Als Kurzarbeit wird in Deutschland ein arbeitsmarktpolitisches Instrument bezeichnet, das es Unternehmen ermöglicht, in wirtschaftlichen Krisensituationen vorübergehend die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter zu reduzieren, um Entlassungen zu vermeiden.
Während dieser Phase erhalten die betroffenen Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld, eine staatliche Leistung, die einen Teil des entgangenen Einkommens ausgleicht. Kurzarbeit beeinflusst den Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers nicht direkt. Allerdings kann der Arbeitgeber verlangen, dass der noch offene Resturlaub vor Beginn der Kurzarbeit genommen wird. Dies dient der Vermeidung von Übertragungen und reduziert den administrativen Aufwand für das Unternehmen.
Ein zentrales Thema in jedem Unternehmen ist der Umgang mit dem Resturlaub eines Mitarbeiters bei dessen Kündigung. Arbeitnehmer haben gemäß Bundesurlaubsgesetz Anspruch darauf, ihren Resturlaub vor Ende des Arbeitsverhältnisses zu nehmen. Ist dies aus innerbetrieblichen oder personenbezogenen Gründen nicht möglich, muss der Arbeitgeber den Resturlaub auszahlen. § 7 BurlG sagt im Absatz 4 eindeutig:
„Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.“
Bei einem Ausscheiden im ersten Halbjahr eines Jahres haben Arbeitnehmer Anspruch auf ein Zwölftel des gesetzlichen Mindesturlaubs für jeden vollen Monat der Beschäftigung. Scheidet ein Arbeitnehmer im zweiten Halbjahr aus, steht ihm der volle gesetzliche Jahresurlaub zu, der sich entweder auf 20 (5-Tage-Woche) oder 24 Tage (6-Tage-Woche) beläuft.
Grundlage für diese Regelung ist der § 5 des BUrlG, der besagt, „dass ein Mitarbeiter Anspruch auf ein Zwölftel des gesetzlichen Mindesturlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat, wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahrs aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.“
Für weitere Urlaubstage, die über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehen, kann in bestimmten Fällen die Pro-rata-temporis-Klausel genutzt werden.
Die Pro-rata-temporis-Klausel in Arbeitsverträgen ermöglicht es Arbeitgebern, bei einer Kündigung in der zweiten Jahreshälfte den über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden Urlaub anteilig zu gewähren. Dabei wird dieser zusätzliche Urlaub auf die Monate bis zum Kündigungsdatum heruntergerechnet. Fehlt eine solche Klausel im Arbeitsvertrag, steht dem ausscheidenden Mitarbeiter der volle vertraglich vereinbarte Jahresurlaub zu.
Der folgende Passus im Arbeitsvertrag gibt dem Arbeitgeber das Recht, Urlaubstage, die über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehen, auch in der 2. Jahreshälfte anteilig zu gewähren:
„Im Falle einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses in der zweiten Jahreshälfte wird der über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehende Urlaub anteilig gewährt. Hierbei wird der zusätzliche Urlaubsanspruch auf die Anzahl der vollen Monate bis zum Beendigungstermin heruntergerechnet. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub bleibt davon unberührt und wird in voller Höhe gewährt.“
Jahresurlaubsanspruch: 24 Arbeitstage
Genommene Urlaubstage: 0 Arbeitstage
Berechnungsgrundlage: 24 Tage ÷ 12 Monate = 2 Tage pro Monat
Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf 10 Urlaubstage (5 Monate x 2 Tage). Da er zum Zeitpunkt der Kündigung noch keinen Urlaub genommen hat, erhält er voraussichtlich eine Auszahlung für 10 Arbeitstage.
Jahresurlaubsanspruch: 24 Arbeitstage
Genommene Urlaubstage: 10 Arbeitstage
Berechnungsgrundlage: 24 Tage ÷ 12 Monate = 2 Tage pro Monat
Da die Kündigung zu Ende September erfolgt ist, hat der gekündigte Beschäftigte für das gesamte Kalenderjahr Anspruch auf den vollen Jahresurlaub, da er im zweiten Halbjahr ausscheidet. Hat er bis zur Kündigung bereits 10 Tage Urlaub genommen, verbleiben 14 Tage, die ebenfalls ausbezahlt werden müssen.
Jahresurlaubsanspruch: 30 Arbeitstage
Genommene Urlaubstage: 15 Arbeitstage
Berechnungsgrundlage: 30 Tage ÷ 12 Monate = 2,5 Tage pro Monat
Im Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers wurde eine Pro-rata temporis Klausel vereinbart. Der Beschäftigte hat einen jährlichen Urlaubsanspruch von 30 Tagen. Bei einer Kündigung zum 30. November hat der Arbeitnehmer im laufenden Kalenderjahr Anspruch auf den vollen Jahresurlaub, da er erst zum letzten Monat des Jahres scheidet. Für die Berechnung wird der Urlaub für die Monate Januar bis November ermittelt:
11 Monate / 12 Monate * 30 Urlaubstage = 27,5 = 27,5 Urlaubstage.
Teilzeitbeschäftigte und Minijobber haben grundsätzlich die gleichen Urlaubsansprüche wie Vollzeitbeschäftigte. Ihr Anspruch auf Erholungsurlaub wird jedoch anteilig auf Grundlage der wöchentlichen Arbeitstage berechnet.
Beispiel: Ein Minijobber arbeitet an zwei Tagen in der Woche jeweils 4 Stunden. Dies ergibt eine wöchentliche Arbeitszeit von 8 Stunden. Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch von 20 Urlaubstagen pro Jahr bei einer Vollzeitbeschäftigung (bei einer Fünftagewoche) gilt anteilig ebenfalls für den Minijobber. Im Beispiel ergibt sich ein Anspruch von 8 Urlaubstagen pro Jahr. Dieser Anspruch ermöglicht es dem Mitarbeiter, im Kalenderjahr auf insgesamt 4 Wochen Erholungsurlaub zu kommen.
In besonderen Fällen wie bei einer Langzeiterkrankung ist es möglich, den Resturlaub über mehrere Jahre zu übertragen. Der Urlaubsanspruch bleibt in diesem Fall bestehen, bis der Arbeitnehmer wieder arbeitsfähig ist und den Urlaub einreichen kann.
Scheidet ein Mitarbeiter im zweiten Halbjahr aus, hat er Anspruch auf den vollen gesetzlichen Mindesturlaub. Bei einer Kündigung im ersten Halbjahr werden ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat der Beschäftigung fällig. Bei einer Pro-rata-temporis-Klausel werden Urlaubstage, die oberhalb des Mindesturlaubs gewährt werden, ebenfalls anteilig berechnet. Bei 30 Urlaubstagen pro Jahr würden dem Mitarbeiter bei einer Kündigung zum 31.10. 25 Urlaubstage zustehen.
Eine Auszahlung von Resturlaub ist ausschließlich bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglich, wenn der Urlaub vom Arbeitnehmer nicht mehr genommen werden kann.
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